// Was ihr wollt von William Shakespeare //
Am 24. November 2012 hatte Was ihr wollt von William Shakespeare in einer Übersetzung von Thomas Brasch am Berliner Ensemble Premiere. Frau Thalbach führte Regie und hat bei dieser Arbeit offensichtlich große Freude an der Verwirrung, der Obszönität und dem Kitsch gefunden.
Schon der Shakespearsche Text legt ein hohes Maß an Rätselhaftigkeit und Verwechslung an den Tag. – Der Herzog von Illyrien (Larissa Fuchs) vergöttert die Gräfin Olivia (Antonia Bill) und schickt ihr als Boten seiner Liebesschwüre die als Page verkleidete Viola (Sabin Tambrea). Statt die Liebe des Grafen zu erwidern, verfällt Olivia allerdings dem vermeintlichen Pagen. Viola wiederum, die sich unter diesem Kostüm versteckt, ist in den Herzog von Illyrien verliebt. Die Konfusion wird schließlich aufgelöst, indem überraschend Violas Zwillingsbruder Sebastian (Sabin Tambrea) auftaucht und der Gräfin Olivia in Natur gibt, was sie in der verkleideten Viola zu haben glaubte. Diese entdeckt sich dem Herzog von Illyrien und wird von ihm zur Frau genommen.
Katharina Thalbach hat die verzweifelte Liebesjagd und die Irrtümer ausgekostet. Trotz einer effektheischenden Inszenierung wurden diese Wirrungen dem Zuschauer manchmal ein wenig lang. Die Übertreibung wirkte letztendlich wieder öde.
Schon das Bühnenbild (Momme Röhrbein) ist wahrhaft bombastisch: Im Vordergrund liegen riesige Muscheln, im Hintergrund erhebt sich ein Schiffsrumpf, auf dem der Ringelpiez der schrägen Figuren sich immerfort munter weiter dreht. Als wären die Muschelschubkarre und die Plastikpalme nicht schon genug Kitsch, senkt sich als Krönung auch noch Godzillas Pranke aus dem Bühnenhimmel und greift sich den narzisstischen, unbeliebten Malvolio (Norbert Stöß). Die Bühne spielt sich mit solch schriller Buntheit in den Vordergrund.
Die Figuren nehmen es durch vulgäre Gesten, schrägen Gesang und Klamauk mit der Bühne auf. Für den Zuschauer ist dieses Ringen eher anstrengend. Auch verpufft der Unterhaltungseffekt durch die Maßlosigkeit, mit der Frau Thalbach amüsieren möchte.
Einzelne Züge und Charaktere sind schön gelungen und vermögen auch dank der schauspielerischen Leistung aus diesem Chaos herauszutreten und in Erinnerung zu bleiben. In erster Linie trifft dies auf das von Traute Hoess gespielte Kammermädchen Mary zu. Mit bayrischer Mundart und keckem Scharm erntet sie verdiente Lacher und formt eine weitaus prägnantere Figur als es ihre Herrin Olivia ist. Sir Toby Rülps wird von Veit Schubert als gutmütiger Trunkenbold gegeben und ist in seinem ewigen Frohsinn ein schönes Pendant zum schwermütigen, zartbesaiteten und weltfremden Sir Andrew Leichenwang, der vorzüglich von Martin Seifert gespielt wird. Larissa Fuchs beeindruckt mehr durch ihre Stimmlage und ihre Gestik in der Rolle des Herzogs von Illyrien. Ihren – zugegebenermaßen undankbaren, weil durch Wiederholung erlahmenden – Text spricht sie schon in der Premiere mit einem Hauch von Überdruss. Thomas Quasthoff erhielt die etwas schmerzliche Rolle des Narren Feste. Er erfüllt diese Figur mit Griesgram und viel Intellekt. Sein Feste hat als eine über der Handlung stehende Figur alle anderen Charaktere begriffen, und kommentiert munter und bissig das Geschehen. Ihre kleine Nebenrolle als Liftboy Fabian bläst Katharina Susewind durch eine großartige und urkomische Mimik und Gestik gewaltig auf. Mit viel schauspielerischem Geschick hat sie dem hässlichen, sensationsgierigen und kindlichen Fabian enorme Liebenswürdigkeit und nachhaltigen Witz verliehen. Bedauerlich blass bleiben Sabin Tambrea und Antonia Bill in ihren Hauptrollen als Viola/Sebastian und Gräfin Olivia neben diesen schillernden Figuren zurück. Vielleicht haben beide nicht den Mut zum Lächerlichen?
Angelika Rieck hätte mit der vortrefflichen und humorvollen Auswahl der Kostüme, die zwischen traumhaft-fantastisch und altertümlich changieren, genug und gefühlvoll Komödiantisches, auch Märchenhaftes in die Inszenierung gebracht. Schade, dass die feinen und intelligent-witzigen Züge durch solch plumpe Übertreibung zeitweise überdeckt werden.
Ebenfalls sehr schön und passend ist die musikalische Begleitung durch die Lautten Compagney Berlin (Juliane Laake/Sarah Perl: Gambe; Magnus Andersson/Ophira Zakai: Laute; Peter Kuhnsch/Nora Thiele:Schlagwerk). Doch auch sie wird erstickt durch platte Pop-Love-Songs, die die Schauspieler eher schlecht als recht wie Musical-Einlagen darbieten.
Insgesamt ist die Inszenierung überraschend vulgär und krampfhaft unterhaltsam für das Berliner Ensemble. Zweifelsohne amüsiert sich das Publikum. Allerdings hat man eine kurze, flache Freude an den Witzen dieses Abends. In Erinnerung bleibt ein schrilles, grelles Chaos. Vielleicht gab es den Versuch, die Inszenierung der Theaterpraxis zu Shakespeares Zeiten anzunähern. Dort ging es zwar obszön und wild zu, allerdings war das Bühnenbild auf ein Minimum reduziert und es blieb allein der Sprache und den Schauspielern überlassen, das Publikum zu begeistern. In Thalbachs Inszenierung aber kann auch die gute Übersetzung von Thomas Brasch ihre Wirkung nicht immer entfalten. Zu schnell folgt ein Gag auf den anderen. Beim Griff in die Effekt-Kiste hätte Frau Thalbach ein wenig bescheidener sein dürfen.
Magdalena Sporkmann