Hendl-Arien und Melkgesang

// Es kommt wie's kommt von und mit Martin Frank //

„Für die wichtigen Dinge im Leben reicht meistens eine solide Ausbildung und ein Messer.“ Dieser Satz stammt von Martin Franks Vater und ist eine der Lebensweisheiten vom niederbayerischen Bauernhof, die Frank in seinem Soloprogramm "Es kommt wie's kommt" mit dem Publikum teilt. Das Kabarett dieses Newcomers, der in München regelmäßig mit Monika Gruber auf der Bühne steht, lebt von Kontrasten: zwischen dem bodenständigen Landleben und der urbanen Schickeria, zwischen Niederbayerisch und Hochdeutsch, zwischen analog und digital. Während Franks Freunde aus München ihren Lifestyle mit Fotos von ihren Hipsterknöcheln und Chia-Bowls auf Instagram feiern, singt er den Kühen im heimischen Stall Mozartarien vor, um den Milcheinschuss zu befördern. Am 20. Juni 2019 war er im BKA-Theater in Berlin zu Gast.

Das Großstadtleben ist Martin Frank suspekt: Styling, Clean Eating und Bachelor-Studien – ganz zu schweigen von Homosexualität – sind Themen, die er nur mit Spott anfassen kann. Beim Berliner Publikum, zumal im Kreuzberger BKA-Theater kommen eine Schwulen-Persiflage und der Vergleich zwischen Milchkühen und stillenden Frauen nicht besonders gut an. Den Argwohn, mit dem Frank, bekennendes Landei, der endlosen Vielfalt des Großstadtlebens begegnet, tarnt er ungeschickt mit überheblicher Belustigung. Seine Witze über Sexualität, Frauen und Genderfragen sind inakzeptabel und hoffentlich mangelnder Erfahrung geschuldet – also vergänglich.

Man möchte ihm, der die Bauernweisheit dem Bachelor-Studium vorzieht, raten: Schuster, bleib bei deinen Leisten. Er ist Experte für die niederbayerische Provinz und seine Insiderperspektive auf diesen sehr speziellen kleinen Kosmos ist das, was das Publikum interessiert und begeistert. Am stärksten sind Martin Franks Scherze da, wo Sympathie und Liebe für das Objekt seiner humorvollen Betrachtung mitschwingen: Charmant witzelt er über Oma, Vater, Kühe, Hühner und nicht zuletzt die eigene 25-jährige Existenz zwischen Hühnerstall und Wohnungsmarkt, Iberl-Bühne und Mozarteum, Singledasein und Gender-Wirrungen.

Martin Frank sucht den Kontakt zum Publikum und findet im BKA-Theater Frau Schulz, eine schlagfertige Dame aus Neukölln, die ihm wortgewandt Paroli bietet. Hier beeindruckt, wie schnell Martin Frank von Begriff ist: Namen, Ortsbezeichnungen und dialektische Eigenheiten baut er sofort mühelos in sein Programm ein.

Auch seine musikalischen Fertigkeiten – Frank wollte Opernsänger werden – enthält er dem Publikum nicht vor. Bekannte Arien dichtet er in bayerische Mundart um. So wird aus dem Torrero der Rattenfänger und aus einer Händel- eine „Hendl“-Arie.

Berlin und Bauernhof, Preußen und Bayern kommen sich in Martin Franks Programm näher und solange er mit Neugierde die Sphären der Großstadt erkundet und mit Selbstironie vom „B’samer“, „verreckten Hendeln“ und „empathischem Kalben“ berichtet, ist diese Begegnung sehr amüsant.

Magdalena Sporkmann