Musikalisch untermalte Aufzeichnungen eines Theaterdirektors

// Und der Haifisch der hat Zähne … Ein literarisch-musikalisches Nachtcafé über die Entstehung der Dreigroschenoper //

Am Berliner Ensemble ist noch heute das literarisch-musikalische Nachtcafé – Und der Haifisch der Hat Zähne – über die Entstehung der Dreigroschenoper zu erleben, welches bereits 2001 in Dessau Premiere feierte. Der ungebrochene Zuspruch für diese Inszenierung von Manfred Karge ist wohl mit der Neugierde des Publikums, das einen Blick hinter die Kulissen der populären Dreigroschenoper erhaschen möchte, zu erklären.

Inhaltlich basiert die Inszenierung auf den Aufzeichnungen Ernst Josef Aufrichts, der 1928 das Theater am Schiffbauerdamm – heute das Berliner Ensemble – mit der Uraufführung der Dreigroschenoper von Bertold Brecht und Kurt Weill eröffnete. Manfred Karge selbst schlüpft in die Rolle Aufrichts und liest im Ambiente des Nachtcafés aus dessen Aufzeichnungen vor. Die Berichte reichen von der Finanzierung des neuen Theaters über die Wahl der ersten Inszenierung – der Dreigroschenoper – und deren Besetzung bis hin zu ihrer Premiere und dem finanziellen Scheitern des Theaters trotz des anhaltenden Erfolgs der Dreigroschenoper. Um die Entstehung der Dreigroschenoper geht es aber – entgegen der Ankündigung – nicht direkt. Man erfährt nichts über den literarischen und musikalischen Ursprung der Dreigroschenoper, nichts über die Absicht Brechts und Weills. Insofern lohnt sich der Besuch des Nachtcafés im Berliner Ensemble nur für jene, die sich für die Querelen zwischen allen Beteiligten (Regisseur, Schauspieler, Autor und Komponist, Musiker etc.) bei dieser sagenhaften Inszenierung der Dreigroschenoper von 1928 interessieren. Geschildert wird das Erleben des Theaterleiters Aufricht; seine Reflexionen über den Inhalt und die Motive der Dreigroschenoper nur am Rande erwähnt. Gleichwohl ist Aufrichts Text sehr interessant und unterhaltsam, zumal er von Manfred Karge auf authentische Weise zum Leben erweckt wird.

Musikalisch wird die szenische Lesung von Kathrein Allenberg an der Violine und Alfons Nowacki am Klavier begleitet. Sie spielen sieben Songs der Dreigroschenoper in einer Komposition von Stefan Frenkel nach Kurt Weill. Dazu singt Cora Chalcott in der Rolle des Seviermädchens. Chalcotts Stimme passt hervorragend zu den Dreigroschenoper-Songs und ihr Gesang ist zweifellos der Höhepunkt des Abends. Die instrumentale Begleitung klingt zuweilen irritierend dissonant, was jedoch in der Komposition angelegt ist. Kathrein Allenberg betont die ungewöhnlichen Melodien noch durch ein recht raues Spiel auf der Violine.

Fraglos hat Manfred Karge eine nahe liegende und professionelle Besetzung gewählt. Cora Chalcott hat sich bereits viel mit Brecht, vor allem mit den Songs der Dreigroschenoper beschäftigt, sogar eine CD aufgenommen, auf der sie Lieder von Brecht, Weill und Eisler singt. Alfons Nowacki ist schon lange künstlerisch mit Karge verbunden und arbeitete in einigen Inszenierungen mit Karge am Berliner Ensemble zusammen. Und Manfred Karge selbst ist schließlich eines der „Originale“ des Berliner Ensemble. Er wurde von Helene Weigel direkt von der Schauspielschule Ernst Busch ans Berliner Ensemble geholt und ist dem Haus mit kleinen Unterbrechungen bis heute treu. Wer sonst hätte diesen theatergeschichtlichen und anekdotischen Abend leiten sollen?

Dennoch: Es fehlt dem Quartett ein frischer Wind. Alles wirkt ein wenig angestaubt und man fragt sich, warum nicht ein paar junge Darsteller aus dem Berliner Ensemble mit eingebunden wurden. Man fürchtet, in einer Nischen-Veranstaltung gelandet zu sein, für einen bestimmten Teil des Publikums des Berliner Ensembles gemacht.

Auch wirkt der doch holprige Beginn irritierend. Das Ensemble braucht eine ganze Weile, um zusammen zu finden. Erst im letzten Drittel scheint es sich warm gelaufen zu haben, dann ist das Zusammenwirken amüsant und stimmig.

Dem literarisch-musikalische Nachtcafé über die Entstehung der Dreigroschenoper fehlt es reichlich an Schwung. Immerhin: Text und Gesang sind unterhaltsam und interessant.

Magdalena Sporkmann